Quer durch Sachsen-Anhalt – Die 1. Kultur-Kaffee-Fahrt für Freiwillige* aus ganz Deutschland
Das große Schild mit der Aufschrift „Kultur-Kaffee-Fahrt“, das hinter der Frontscheibe liegen sollte, musste sofort unter dem Sitz verschwinden. Der Busfahrer wollte das Wort Kaffeefahrt nicht im Zusammenhang mit seinem Gefährt sehen. Das war Mittwoch um 7.30 Uhr und ihm war wahrscheinlich völlig unklar, welche Gruppe seine Dienste für die nächsten drei Tage in Anspruch nehmen würde.
Es war eine Gruppe von Menschen aus ganz Deutschland. Dialektal durchmischt, generationsoffen und interessiert. Alle der knapp 40 Reisenden sind Freiwillige* im Bundesfreiwilligendienst Kultur und Bildung im Alter ab 27 Jahren. Es war das erste Mal, dass Bildungstage in dieser Form stattfanden. Meist veranstalten die einzelnen Träger eigene Seminare und Bildungstage, meist für Freiwillige* nur aus einem Bundesland. Zur 1. Kultur-Kaffee-Fahrt waren aber alle Freiwilligen* aller Träger des BFD Kultur und Bildung eingeladen.
Maud Krohn, Mitarbeiterin der BKJ und Mitentwicklerin der Kultur-Kaffee-Fahrt, beschreibt die Entwicklung so: „Das Schwierige und das Schöne ist die Vielfalt, die wir haben. Wir wollten und brauchten ein Format, das für Menschen unter 30 bis über 70 Jahren funktioniert. Es sollte für all unsere Freiwilligen* interessant sein, spartenübergreifend und eine Mischung aus Hoch- und Soziokultur aus einer Region präsentieren.“
Spätestens am Freitag auf dem Weg zurück nach Berlin würde dann auch dem Busfahrer die Ironie im Namen der Fahrt klar werden. Denn es war keine Kaffeefahrt. Kaffee und Kuchen gab es zwar, was es aber vor allem reichlich gab, war sachsen-anhaltinische Kultur: Ferropolis, Wörlitzer Park, Bauhaus Dessau, Halberstadt Dom und Domschatz, John-Cage-Orgelprojekt, Quedlinburg und die Freiraum Galerie in Halle.
Die Wahrnehmung der Reiseziele war so unterschiedlich, wie die Teilnehmer*innen selbst. So staunte am meisten Danuta B., Freiwillige im Medienpoint Steglitz in Berlin, über die Meisterhäuser in Dessau, da sie schon in einem Bauhausgebäude in Berlin gearbeitet hatte und nun viel darüber erfahren hatte. Vom John-Cage-Orgelprojekt in Halberstadt fasziniert war Dagmar R., Freiwillige beim Musikverein Lyra Freckenfeld in Rheinland-Pfalz. Kein Wunder, denn sie selbst kann Orgel spielen, auch wenn ihr heute das Spielen nicht mehr so leicht fällt, da sie Arthrose in den Händen hat.
Ingo B., Freiwilliger beim Die Mühle e. V. in Eberswalde, hat das komplette Programm begeistert: „Es gab jeden Tag ein Highlight. Am ersten Tag war es Ferropolis. Ich komme selbst aus dem technischen Beruf. Da konnte ich mich am schnellsten reindenken. Dann der Dom! Wobei ich sagen muss, die Stadtführung war auch gut. Aber der Dom war toller und am dritten Tag – Hut ab – war ich etwas skeptisch. Graffiti als Kunst und so. Aber ich habe mich dann selber im Sprayen probiert und jetzt im Nachhinein muss ich sagen, das ist ja gar nicht so einfach, Wände zu beschmieren. Um mal so zu reden, wie die meisten denken. Abgesehen davon, was die jungen Leute da leisten, das sind Kunstwerke.“ Angemeldet hatte er sich „in den blauen Dunst“ hinein.
„Es sind Anregungen, die motivieren. Man wird ja dabei nicht blöder, sondern die Horizonte öffnen sich. Man wird motivierter. Es fördert den spielerischen Umgang mit der Materie. In meiner Einsatzstelle stelle ich Programme zusammen und es hilft mir, woanders selber schöpfen zu können“, beschreibt Hans-Peter M. seinen persönlichen Gewinn und den für seinen Freiwilligendienst. Er macht seinen BFD im Nachbarschaftszentrum RuDi in Berlin.
Anregungen bieten, Engagement anerkennen und Interessen fördern, das ist die Basis der Kultur-Kaffee-Fahrt und der anderen Bildungstage. Danuta B. fasst das so zusammen: „Übrigens, ich finde ja, Reisen bildet!“ Maud Krohn resümiert auch nach der gemeinsamen Fahrt: „Wir haben aus der Zusammenkunft gelernt. Mehr Austausch und eine gute und intensive Einsatzstellenarbeit ist Grundlage für das Gelingen des BFD Kultur und Bildung.“